Haftstrafen für Bahá'í-Führung im Iran von zehn auf zwanzig Jahre erhöht

Auf Betreiben des iranischen Generalstaatsanwalts wurde am 16. März die zehnjährige Haftstrafe gegen die siebenköpfige ehemalige Bahá’í-Führung auf zwanzig Jahre erhöht. Dies wurde erst jetzt bekannt, nachdem die iranischen Behörden sich seit der Festnahme der zwei Frauen und fünf Männer im Frühjahr 2008 weigern, schriftliche Dokumente zum Verfahren und Urteil herauszugeben, teilt die Bahá’í-Gemeinde Deutschland in einer Pressemitteilung mit.

Für die sieben Bahá’í, die dem informellen Führungsgremium der über 300.000 iranischen Bahá’í angehörten, ist die mangelnde Transparenz eine zusätzliche Hafterschwernis im berüchtigten Gohardasht-Gefängnis. Die Bahá’í-Gemeinde Deutschland appelliert daher an die Bundesregierung, gegen die Anhebung der Haftstrafe bei den iranischen Machthabern zu protestieren und sich für die Offenlegung der jüngsten Urteile einzusetzen.
„Die Weigerung der iranischen Justiz, selbst der Gefängnisleitung die notwendigen schriftlichen Unterlagen zu übermitteln, hat bislang dazu geführt, dass den Bahá’í auch kein im Iran üblicher Hafturlaub gewährt werden können“, sagt Prof. Ingo Hofmann, Sprecher für Menschenrechtsfragen der Bahá’í-Gemeinde Deutschland. „Dies ist jedoch aus medizinischen Gründen angesichts der überaus schweren Haftbedingungen dringend angeraten.“
Die zwei Frauen und fünf Männer waren im August 2010 zunächst zu zwanzig Jahren verurteilt worden, danach verkürzte ein Berufungsgericht am 12. September angesichts der Unhaltbarkeit der Anklage die Haftstrafe auf zehn Jahre, bis nun der Generalstaatsanwalt gemäß iranischem Recht gegen das Berufungsurteil beim Leiter der iranischen Justiz Einspruch erhob, da es seines Erachtens nicht im Einklang mit der Scharia gefällt worden war.
Das Berufungsgericht hatte drei offensichtlich unbegründete Anklagepunkte widerrufen, wonach die sieben Bahá’í angeblich in Spionagetätigkeiten verwickelt gewesen waren, mit dem Staat Israel zusammengearbeitet und vertrauliche Staatsdokumente an ausländische Mächte weitergeleitet hätten, um die nationale Sicherheit zu unterminieren. Zugleich urteilte jedoch das Gericht unter dem Druck von Offiziellen, die unbedingt einen Schuldspruch herbeiführen wollten, dass der religiöse Glaube der Angeklagten sowie ihre Tätigkeit innerhalb der iranischen Bahá’í-Gemeinde illegal gewesen waren. Damit wurde an Stelle der ursprünglichen zwanzigjährigen Haftstrafe eine von zehn Jahren verhängt. Diese ist nun erneut auf zwanzig Jahre angehoben worden.
„Mit dem zynischen Zickzackkurs offenbaren die iranischen Behörden abermals ihr wahres Gesicht“, urteilt Prof. Ingo Hofmann. „Der Iran sieht sich offenbar in der derzeitigen Weltlage aus dem Fokus internationaler Aufmerksamkeit gerückt und nützt das brutal aus, um seine die Menschenrechte verachtende Unterdrückung des eigenen Volkes fortzusetzen.“
Die Bahá’í-Gemeinde Deutschland richtete unterdessen einen Appell an die Bundesregierung, die sich bereits am 9. August 2010 mit der Forderung nach einem fairen und transparenten Gerichtsverfahren für die Bahá’í an die iranische Regierung wandte, mit aller Schärfe den Iran zu einer Offenlegung der bisher gefällten Urteile aufzufordern. „Der internationale Druck auf das Willkürregime im Iran muss gerade in diesen Tagen deutlich erhöht werden“, so der Sprecher.
Die abermalige Aburteilung von Fariba Kamalabadi, Mahvash Sabet, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Behrouz Tavakkoli und Vahid Tizfahm findet statt vor dem Hintergrund staatlich geförderter Hetze und Hasspredigten gegen die Bahá’í, Bomben- und Brandanschläge gegen ihre Geschäfte als auch anderer Formen des Terrorismus, die zum Ziel haben, sie aus ihren Städten und Gemeinden zu vertreiben. Die Anzahl der im Iran inhaftierten Bahá’í hat sich nach Angaben der Bahá’í-Gemeinde Deutschland in den letzten Monaten mit derzeit 77 Bahá’í mehr als verdoppelt. Allein 139 Bahá’í warten derzeit auf den Ausgang ihrer Berufungsverfahren.

Diesen Artikel teilen: