Internationale Bahá’í-Gemeinde würdigt verstorbenen tunesischen Menschenrechtsexperten

Prof. Dr. Abdelfattah Amor, 1943-2012. Foto: FIDH.

 
Die Internationale Bahá’í-Gemeinde drückt anlässlich des Todes des tunesischen Menschenrechtsverteidigers und Anwalts, Prof. Abdelfattah Amor, seinen Hinterbliebenen und dem ganzen tunesischen Volk ihr Mitgefühl aus. Der Jurist und Politikwissenschaftler verstarb am 2. Januar im Alter von 68 Jahren an einem Herzinfarkt. Aufgrund seiner elfjährigen Tätigkeit als UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit von 1993 bis 2004 war Professor Amor auch international bekannt. Zuletzt war er Präsident der nach dem Sturz des Regimes von Präsident Ben Ali eingesetzten Kommission zur Aufklärung von Korruption und Fehlverhalten in Tunesien.
„Als Sonderberichterstatter gehörte Professor Amor zu den herausragendsten Verteidigern der Religions- und Glaubensfreiheit weltweit”, sagte Diane Ala’i, Sprecherin der Internationalen Bahá’í-Gemeinde bei den Vereinten Nationen in Genf. „Er erhob mutig seine Stimme für all jene Menschen und Gemeinschaften in der Welt, die religiöser Diskriminierung ausgesetzt sind, ohne Rücksicht auf politische Konsequenzen.“ Weiter hieß es in einer Stellungnahme: „Wir fühlen mit der Familie, dem tunesischen Volk und den Menschenrechtsaktivisten überall auf der Welt, die seinen unerwarteten Tod betrauern.“
1995 besuchte Abdelfattah Amor auch den Iran. Er gehörte damit zu den wenigen UN-Menschenrechtsermittlern, die das Land bereisten. Danach veröffentlichte er einen wegweisenden Bericht, in dem er die weitreichende Diskriminierung religiöser Minderheiten auflistete. Obgleich selbst Muslim, wies Professor Amor entschlossen auf das Ausmaß hin, in dem die Islamische Republik Iran den internationalen Menschenrechtsstandards zu Religions- und Glaubensfreiheit nicht entsprach. „Sein Bericht stützte sich auf detaillierte Interviews und sorgfältige rechtliche Analyse. Er wird auch heute noch als Meilenstein in der Menschenrechtsberichterstattung anerkannt“, meinte Diane Ala’i.
Unter anderem rief Professor Amor in seinem 1996 erschienenen Iran-Bericht in Erinnerung, dass Menschen die Freiheit haben, „eine neue Religion zu haben oder anzunehmen“, wie auch ihren eigenen religiösen Glauben zu bewahren, unabhängig der nationalen Gesetzgebung, die vielleicht anderes vorschreibt. In einem weiteren Bericht von 1997 betonte er, dass Regierungen nicht darüber richten dürften, welche Religion legitim und schützenswert sei. „Es ist nicht Sache des Staates oder irgendeiner anderen Gruppe oder Gemeinschaft, als Wächter des Gewissens der Menschen aufzutreten und egal welche Religion oder Weltanschauung zu stärken, zu beschränken oder zu zensieren”, schrieb er in einer – vor dem Hintergrund der Behauptungen des Irans gegenüber den Bahá’í – bemerkenswerten Stellungnahme.
Prof. Abdelfattah Amor wurde am 4. März 1943 in Tunesien geboren. Nachdem er 1967 seinen Abschluss in Jura erlangte, ging er für weiterführende Rechtsstudien nach Paris. Am Anfang seiner Karriere lehrte er als Universitätsprofessor in Tunesien, so von 1987 bis 1993 als Dekan der  Fakultät für Rechts- und Sozialwissenschaften an der Universität Tunis. Gastprofessuren führten ihn unter anderem an die Harvard Law School.
Während seiner Amtszeit als UN-Sonderberichterstatter wurde er 1998 in den UN-Menschenrechtsausschuss gewählt. Hier war er bis zu seinem Tod ein engagierter Verteidiger der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Nach der tunesischen Revolution wurde er 2011 zum Vorsitzenden der Nationalen Kommission zur Ermittlung von Korruption und Fehlverhalten während der Regierungszeit des ehemaligen tunesischen Präsidenten Ben Ali ernannt.

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