Online-Appell für Fariba Kamalabadi

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) aus Göttingen hat eine Internetkampagne für verfolgte Menschenrechtsverteidiger in aller Welt gestartet. Dabei macht die Menschenrechtsorganisation auch auf die seit vier Jahren inhaftierte Bahá’í Fariba Kamalabadi aufmerksam.

Kaum etwas ist schlimmer als Gleichgültigkeit. Sie kann für politische Gefangene oder verfolgte Bürgerrechtler sogar den Tod bedeuten. Wenn sie in Vergessenheit geraten, sind sie gedungenen Mörderbanden, Willkürjustiz, Folter und Misshandlung schutzlos ausgeliefert. Öffentlichkeit kann helfen, bedrohte Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler davor zu bewahren! Manchmal gelingt es, Gewissensgefangene zu befreien. Denn auch Gewaltherrscher haben auf internationalem Parkett ein Gesicht zu verlieren.[…] Wohin man auch schaut, von den Regenwäldern Perus über Asien mit Vietnam, der Inneren Mongolei in den Südkaukasus, den Iran, die Türkei, nach Südosteuropa bis nach Nordwestafrika: Überall werden Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler verfolgt.
Für ihren Mut, mit dem sie sich für ihre Gemeinschaft einsetzen, werden sie mit aller Härte bestraft oder sie bringen sich in große Gefahr. Meist werden sie absurden Vorwürfen ausgesetzt oder misshandelt, um falsche Geständnisse zu erzwingen. In Schnellverfahren, Schauprozessen oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilen Gerichte sie aufgrund fingierter Beweise oder aus reiner Willkür zu jahrelanger Haft, – schon um andere Kritiker abzuschrecken oder Widerstandsbewegungen im Keim zu ersticken. Im Gefängnis drohen Folter, Vergewaltigung, unerträgliche Einsamkeit und schwere Erkrankung aufgrund unsäglicher Haftbedingungen. Die Kinder politischer Gefangener müssen ohne Mutter oder Vater aufwachsen. Auch ihre Familien sind nicht immer sicher. Sie sind Schikanen, manchmal sogar Sippenhaft ausgesetzt.

Die GfbV macht auf verschiedene inhaftierte Menschenrechtler aufmerksam. Neben Edwin Chota aus Peru, Hatip Dicle aus der Türkei und Sonja Biserko aus Serbien wird auch auf das Schicksal von Fariba Kamalabadi aufmerksam gemacht. Sie war bis zu ihrer Inhaftierung im Jahr 2008 eines von sieben Mitgliedern der iranischen Bahá’í-Führung. Im August 2010 wurde sie zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Führungskreis, der sich um die religiösen und sozialen Belange der iranischen Bahá’í-Gemeinde kümmerte, zu einer 20jährigen Haftstarfe verurteilt. Sie befindet sich derzeit im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis. Die GfbV schreibt darüber:

Vier quälend lange Jahre im Gefängnis hat Fariba Kamalabadi (50), schon hinter sich. Endlos scheinen die 16 Jahre zu sein, die sie dort nach dem Willen der iranischen Regierung noch verbringen soll. Wie oft die dreifache Mutter in ihrer Zelle von tiefer Verzweiflung ergriffen wurde und was sie im Evin-Gefängnis schon durchmachen musste, ist nicht bekannt. Doch die Haftanstalt in Teheran, in der Fariba Kamalabadi sich befindet, ist berüchtigt. Es gibt verstörende Berichte über besonders grausame Foltermethoden. So wurden Gefangene monatelang in winzige Särge gezwängt, bis sie psychisch sehr labil waren. Brutalste Vergewaltigungen, Isolationshaft mit zusätzlichem Psychoterror sind gängige Praxis. Viele Gefangene überleben die Haft nicht. Kranke lassen sich nicht behandeln aus Furcht, Ärzte könnten sie vergiften.
Fariba Kamalabadi wurde für Verbrechen verurteilt, die sie nicht begangen hat – wie die anderen sechs Mitglieder des Führungsgremiums der liberalen Bahá’í -Glaubensgemeinschaft. Die beiden Frauen und fünf Männer wurden im Frühjahr 2008 festgenommen und wegen „Spionage für Israel“, „Beleidigung religiöser Gefühle“ und „Propaganda gegen die Islamische Republik“ angeklagt. Fariba Kamalabadi hatte gar keinen Zugang zu Informationen, die für Israel interessant sein könnten. Als Bahá’í darf sie im Iran keinen Beruf ausüben. Dort leben mehr als 300.000 der weltweit etwa 7,7 Millionen Bahá’í. Sie werden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als „Ungläubige“ bzw. „Abtrünnige“ verfolgt.

Leserinnen und Leser der Seite sind aufgerufen, einen Online-Appell an den Vorsitzenden des Menschenrechtausschusses des Deutschen Bundestages, den Grünen-Politiker Tom Koenigs, abzusenden. „Bitte setzen Sie sich bei der iranischen Regierung dafür ein, dass Fariba Kamalabadi unverzüglich freigelassen wird, damit sie ihren friedlichen Einsatz für ihre Religionsgemeinschaft fortsetzen kann“, heißt es in dem Brief an Tom Koenigs, der zuletzt im Januar 2012 in Teheran war.
Die Gesellschaft, die bereits 2008 einen Bericht zur Lage der Bahá’í in Iran veröffentlichte, hält auch gedrucktes Material bereit. Ein Faltblatt kann kostenlos in ausreichend hoher Auflage unter Tel. 0551 499 06-26 oder per E-Mail an c.rach@gfbv.de angefordert werden.

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