Internationale Arbeitsorganisation besorgt über wirtschaftliche Lage der iranischen Baha’í

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) zeigt sich in einem aktuellen Bericht besorgt über die fortdauernde Diskriminierung der iranischen Bahá’í in Wirtschaft und Bildung. Insbesondere wegen der systematischen Diskriminierung sei die Lage „besonders ernst”, so ein ILO-Expertenausschuss, der mit der Beobachtung der weltweiten Einhaltung des Rechts auf Beschäftigung und Beruf betraut ist.
Der Bericht des Ausschusses, der Land für Land die Anwendung der ILO-Konventionen und Empfehlungen begutachtet, wurde Ende Juni veröffentlicht. Diane Ala’i, Sprecherin der Internationalen Bahá’í-Gemeinde bei den Vereinten Nationen in Genf, wies darauf hin: „Der Bericht ist besonders wertvoll, weil er nicht nur die Auffassung von Regierungen, sondern auch von Arbeitern und Angestellten spiegelt.“ Ihre Aussagen sind anonym, um die Unabhängigkeit des Ausschusses gegenüber der Regierung zu gewährleisten.
Dass die ILO die internationale Betroffenheit über die fortdauernde Diskriminierung der Bahá’í bei Arbeit und Bildung teile, sei ein wichtiger Gradmesser globaler Einschätzung, so Diane Ala’i. „Iran hat bei der Bekämpfung von Diskriminierung nicht nur keine Fortschritte gemacht. Die Situation hat sich sogar verschlechtert“, sagte Ala’i. „Seit Januar dieses Jahres verzeichnen wir einen drastischen Anstieg von Bahá’í-Geschäften, die entweder versiegelt oder denen die Geschäftslizenz entzogen werden.“ So seien 32 Geschäfte von Bahá’í in Hamadan geschlossen worden. Alle bis auf zwei Geschäftsinhaber wurden Ende Februar von den Behörden zu Verhören vorgeladen. Viele Geschäfte wurden später konfisziert.
„Das Geschäft eines Bahá’í in Hamadan wurde geschlossen, weil sich der Inhaber weigerte, den Laden an Bahá’í-Feiertagen zu öffnen“, sagte Ala’i. „Als er anfing, seine Ware aus einem LKW zu verkaufen, wurde dieser kurzerhand konfisziert. Sein Wohnhaus wurde ebenfalls durchsucht und sein Bankkonto eingefroren.“ Solche Formen der Diskriminierung gegen Bahá’í fänden überall im Iran statt.
Die Diskriminierung im Hochschulsektor gegen iranische Bahá’í geht ebenfalls unvermindert weiter, sagte Ala’i, die hinzufügte, dass sich dies auch auf berufsbildende Schulen erstreckt. Auch damit sei die ILO befasst. „Zu den 81 iranischen Universitäten, die 2006 gesondert instruiert wurden, Bahá’í auszuschließen, gehören auch einige Berufsschulen”, sagte Ala’i. Sie bezog sich dabei auf ein von der Regierung erstelltes vertrauliches Memorandum.
Der Bericht des ILO-Ausschusses drängt die Regierung des Iran „entschiedene Schritte zu unternehmen, um die Diskriminierung gegen ethnische Minderheiten und nicht anerkannte religiöse Minderheiten, besonders die Bahá’í, zu unternehmen.“ Die Unfähigkeit der Regierung, selbst die offenkundigste diskriminierende Gesetzgebung und Erlasse zu widerrufen, sei sehr bedauerlich, heißt es in dem ILO-Bericht.
Die Arbeitnehmer-Seite im Ausschuss schlug vor, dass eine Delegation das Land so bald als möglich besuchen sollte. Ziel solle es sein, Fakten zusammenzutragen und einen Aktionsplan zu erstellen, wie gewährleistet werden könne, dass dem Abkommen entsprochen werde. Auch die Arbeitgeber-Seite drängte die iranische Regierung zu konkreten Schritten, um den Schutz gegen direkte und indirekte Diskriminierungen auf Basis aller in dem Abkommen aufgelisteten Fällen sicherzustellen.

In den ILO-Gremien sind Regierungs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gleichberechtigt vertreten. Der ILO gehören derzeit 185 Mitgliedsstaaten an. Sie wurde 1919 gegründet und ist seit 1948 eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. 1969 erhielt die ILO für ihre Bemühungen um die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse den Friedensnobelpreis. (BWNS)

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