Glaube und Menschenrechte: Interreligiöses Gartengespräch in Bad Lippspringe

Berlin, 17. Juli 2019;- Am 10. Juli 2019 lud das interreligiöse Projekt GlaubensGarten auf dem ehemaligen Landesgartenschau-Gelände zu einem Gartengespräch nach Bad Lippspringe ein. Das Thema war „Glaube und Menschenrechte“ und einer der Redner Herr Jascha Noltenius, Referent für Menschenrechtsfragen der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland, wie auch schon bei der Veranstaltung „Glaube und Verfolgung“ im Mai diesen Jahres.

Der Moderator Reinhard Brockmann, freier Journalist und Träger des IGFM-Medienpreis Menschenrechte, fragte nach der Haltung der jeweiligen Religionsgemeinschaft zum Thema Menschenrechte und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen im Besonderen. Ebenfalls wollte er wissen, welche Rolle die in Artikel 18 dieser Menschenrechtscharta geschützte Religionsfreiheit im Spannungsfeld von Religion und Menschenrechten einnimmt.

Zunächst betonte Noltenius, dass die bei den Vereinten Nationen als Nichtregierungsorganisation akkreditierte Bahai International Community (BIC) durch ihre Büros in New York und Genf die Ausfertigung der Menschenrechtscharta schon damals unterstützte und die Folgeprozesse bis heute fördert. Dabei wird die stetige Entwicklung der Menschenrechte, die allen Bürger dieser Erde den gleichen hohen Wert zusprechen und ihnen Freiheitsrechte gewähren, von den Bahá’í gerade nicht als Einschränkung ihrer religiösen Tätigkeit, sondern als Grundpfeiler für den Fortschritt der menschlichen Familie bewertet. Denn die Menschenrechtscharta hat für alle Unterzeichnerstaaten einen verbindlichen Standard gesetzt, der es Menschen unabhängig ihres Glaubens ermöglicht, eine freiheitliche Lebensweise zu beanspruchen und soweit Staaten sie gewährleisten, der Gesellschaft ermöglicht, eine Kultur des angstfreien Miteinanders zu entwickeln. 

Darüber hinaus hob Noltenius auch die Bedeutung des völkerrechtlich-verbindlichen, die Menschenrechtscharta hinsichtlich politischer und bürgerlicher Rechte konkretisierenden UN-Zivilpakts hervor: „In dem Geburtsland ihres Glaubens erhielten Bahá’í erst durch die Ratifizierung des Zivilpakts durch den Iran menschenrechtliche Schutzansprüche, da sie in der nationalen Verfassung rechtlos gestellt sind. Auch wenn sie weiterhin systematisch verfolgt werden, wird dies zumindest im UN-Menschenrechtsrat im Rahmen des Allgemeinen Überprüfungsverfahrens und durch die Berichte des UN-Sonderberichterstatters geächtet und das Iranische Regime zur Unterlassung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Unterdrückung sowie von willkürlichen Inhaftierungen aufgefordert.“

Der Religionsfreiheit messen Bahá’i besondere Bedeutung zu, weil sie dem Menschen ermöglicht, seiner zweifachen moralischen Bestimmung nachzukommen: auf der einen Seite gesellschaftsdienliche Eigenschaften und Fähigkeiten zu entwickeln und die diese dann auch zur Gestaltung des eigenen Umfelds einzusetzen, um Einheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit zu fördern. Dadurch entfaltet sich die jedem Menschen, unabhängig von Geschlecht, Ethnie, Glaubensbekenntnis oder Nationalität angeborene Würde. Damit der Mensch dabei seinem Gewissen folgen kann, bedarf er der Freiheit, seinen Glauben in jeder Sekunde seines Lebens frei wählen, wechseln und auch aufgeben zu können. 

„Eine der Errungenschaften der Menschenrechtscharta ist, dass sie das universelle, uneingeschränkte Recht zum Wechsel und zur Aufgabe der religiösen Überzeugung enthält. Dadurch kann jeder Mensch frei wählen, welche Thesen er mit Hilfe seines eingegebenen Verstandes als Wahrheiten anerkennt und worin er den Sinn seines Lebens sieht,“ merkte Noltenius an.

Damit jedem Menschen die Freiheit gewährt werden kann, auf seiner Wahrheitssuche aus der Vielzahl der ihn umgebenden Weltanschauungen zu wählen, enthält die Menschenrechtscharta außerdem das Recht, seinen Glauben öffentlich zu bekunden, ohne staatliche Sanktionen und Übergriffe fürchten zu müssen. Da durch solche Eingriffe, die Menschenrechte immer wieder bedroht werden, unterstützt die Bahá’í-Gemeinde insbesondere auch die Entwicklung von Durchsetzungsmechanismen. Denn, so waren sich alle Redner des Gartengespräch einig, der Fortschritt der Menschheit bedarf wirksamer Menschenrechte.

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