Iranische Behörden schließen Bahá'í-Pflegeheim in Karaj

Berlin, 23. Juli 2019 – Beamte der Behörde für öffentliche Einrichtungen in Karaj, betraten am 27. Juni 2019 ein von Bahá’í betriebenes Seniorenpflegeheim um die Bewohner zu entfernen und die Einrichtung zu schließen und zu versiegeln. Die Direktorin des Komplexes, Frau Giti Charkhzarrin (Khollas), wurde für den 30. Juni 2019 zu einem Verhör bei der Staatsanwaltschaft der Provinz Alborz geladen. Als sie zu der angegebenen Zeit dort erschien, wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Verhör abgesagt wurde, da die Angelegenheit nun in die Zuständigkeit des Gesundheitsamtes falle.
Am 3. Juli 2019 versuchten dann auch Beamte des Gesundheitsamtes unter Vorlage einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung vergeblich, die Bewohner aus der Einrichtung zu holen und das Gebäude zu versiegeln. Unter den Bewohnern befinden sich 15 bettlägerige Personen.
Die Leiterin betreibt noch ein weiteres Pflegeheim in dieser Gegend. Sie wurde aufgefordert, die insgesamt 42 Bewohner beider Einrichtungen in andere Pflegeheime zu verlegen. Sowohl sämtliche Bewohner als auch die 15 Angestellten sind Bahá’í. Das Gesundheitsamt fragte Frau Charkhzarrin nach den Namen und Kontaktadressen der Bewohner um deren Familien zwecks einer Verlegung zu kontaktieren. Darauf erwiderte diese, dass viele der Angehörigen im Ausland leben und dass der Oberste Revolutionsführer Khamenei verboten habe, Senioren, die der Bahá’í-Religion angehören und damit in den Augen Khameneis Unreine (Najis) seien, mit anderen Senioren in Pflegeheimen zu mischen. Ihr wurde lediglich geantwortet, dass man sich bemühe, eine besondere Unterbringung für die Betroffenen zu finden. Frau Charkhzarrin sagte: „Diese Behandlung ist eindeutig diskriminierend, widersprecht jeglichen ethischen Prinzipien und verstößt gegen Menschenrechte.“
Der Einrichtung, die seit 20 Jahren mit Genehmigung des Sozialamtes der Alten- und Behindertenpflege dient, wurde jüngst die Verlängerung der Lizenz verweigert, weil ihre Bediensteten der Bahá’í-Religion angehören.
Das Verbot der wirtschaftlichen Betätigung der Bahá‘í im Iran hält an, obwohl es nach Artikel 77 der iranischen Bürgerrechts-Charta „das Recht der Bürger ist, frei und ohne Diskriminierung den Beruf zu wählen und auszuüben, den sie sich aussuchen. Niemand kann dieses Recht den Bürgern auf Grund der Ethnie, der Religion, des Geschlechts, der politischen oder gesellschaftlichen Haltung verweigern.” Dieses Recht wird den Bahá’í verwährt, weil sie laut Artikel 13 der Iranischen Verfassung keiner anerkannten und damit schutzwürdigen Religionsgemeinschaft angehören. Vielmehr betrachtet die Führung der Islamischen Republik die größte nicht-islamische religiöse Minderheit des Landes als „politische Sekte“ und „Spione Israels“. Von den Vereinten Nationen wird der Iran kontinuierlich dazu aufgefordert, diese diskriminierende Behandlung und systematische Verfolgung einzustellen.
Hintergrundinformationen:
Die Verweigerung des Rechts auf Arbeit und Anstellung in zahlreichen Berufssparten ist seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 eine Facette der systematischen Verfolgung der Bahá’í. Der öffentliche Dienst wird Bahá’í grundsätzlich verwehrt. Seit der Wahl von Präsident Hassan Rohani richtet sich die wirtschaftliche Diskriminierung zunehmend auch gegen selbständig tätige Bahá’í. So wurden in den vergangenen sechs Jahren über 800 Fälle von Diskriminierung durch Lizenzentzug oder Ladenschließung verzeichnet – mit unbekannter Dunkelziffer.
Weitergehende Informationen zur wirtschaftlichen Unterdrückung der Bahá’í im Iran finden Sie hier.

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