Berlin, 19. August 2020 – In einem aktuellen Beitrag der ARD-Tagesthemen wird die Situation der Bahá’í, der größten religiösen nicht-muslimischen Minderheit im Iran thematisiert. Grundlegende Menschen- und Bürgerrechte sind ihnen im Ursprungsland ihres Glaubens verwehrt und sie werden gerade jetzt in der Pandemie besonders drangsaliert. Während im vom Coronavirus schwer betroffenen Iran gerade zehntausende Häftlinge aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr in den Gefängnissen freigelassen werden, kommt es vermehrt zu religiös-motivierten Inhaftierungen und Verurteilungen von Bahá’í.
Die Journalistin Isabel Schayani erzählt die Geschichte dreier Schicksale:
„Mazdak Etemadzadeh hat etwas gemacht, wofür er einen hohen Preis zahlt, was kaum jemand im Iran wagt: Er hat als Anwalt 14 Jahre lang Bahá’í verteidigt – etwa 70 Fälle.“
Der geflohene Anwalt schildert die systematischen staatlichen Angriffe auf Bahá’í in allen Lebensbereichen:
„Sie dürfen zum Beispiel atmen und Wasser trinken. Sie dürfen nicht studieren, nicht arbeiten. Arbeiten werden ihnen verboten wenn sie sagen, dass sie Bahá’í sind.“
Strenggläubige Schiiten betrachten die Bahá’í als Abtrünnige, weil der Bahá’í-Glaube geschichtlich nach dem Islam entstand. In einem von den Vereinten Nationen aufgedeckten Geheimdokument hat der oberste iranische Revolutionsrat bereits 1991 einen Plan zur systematischen Verfolgung und Ausgrenzung von Bahá’í entwickelt. Seit der Revolution hat das Regime Hunderte Bahá’í hingerichtet sowie Tausende inhaftiert und gefoltert. Allein jetzt in der Pandemie wurden über 70 Bahá’í grundlos angeklagt und bereits zum Teil eingesperrt. Der Vorwurf gegen sie ist meist ähnlich: Bahá’í würden mit angeblicher Propaganda die innere Sicherheit bedrohen. Der Anwalt Mazdak Etemadzadeh kennt viele der aktuell Inhaftierten persönlich. Er erzählt in der Reportage über ein Ehepaar:
„Ihre kleine Tochter hat Krebs, Blutkrebs. Sie heisst Daria. Jetzt wollen sie die Eltern ins Gefängnis schicken und sie denken die ganze Zeit: ‚Wer kümmert sich dann um unser krebskrankes Kind?‘ Können sie sich das vorstellen? Das ist sehr schlimm“, zeigt er sich sichtlich betroffen.
Vargha Mehdizadeh, ein Bahá’í aus Shiraz konnte fliehen. Im Iran hatte er ein Fotostudio mit 30 Angestellten. Erst vor zwei Jahren saß er im Adelabad-Gefängnis in Shiraz acht Monate lang in Haft. Er erzählt:
„Die, die einen vernehmen, haben keine Hemmungen, körperlich und seelisch zu foltern, um Geständnisse zu erzwingen. Um einen Fall zu konstruieren. Da herrscht kein Recht. Kein Anwalt darf bei den Vernehmungen dabei sein.“
Christofer Burger, Sprecher des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland sagt im Rahmen der Bundespressekonferenz vom 12. August 2020:
„Die Bundesregierung beobachtet die Lage der Menschenrechte im Iran und insbesondere die schwierige Situation religiöser Minderheiten wie der Bahai mit großer Sorge. Die Bahai sind die am stärksten in ihren Rechten eingeschränkte Minderheit im Iran […]. Gerade in den letzten Monaten gibt es verstärkt Berichte über eine Zunahme der Zwangsmaßnahmen und auch Kampagnen gegen die Bahai […].“
Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg, hat in einem Schreiben an seinen iranischen Amtskollegen, Außenminister Zarif die aktuelle Verschärfung der Verfolgung der Bahá’í im Iran verurteilt. Zahlreiche weitere europäische Politiker haben Statements veröffentlicht und zeigen sich von der Welle der Verfolgungen tief betroffen. In einem gemeinsamen Appell an die Iranische Regierung forderten 30 deutsche Parlamentarier, Menschenrechtler und Gesundheitsexperten die sofortige Freilassung der inhaftierten Bahá’í und die Einstellung der willkürlichen Strafverfahren.
Der Beitrag ist hier mit englischen Untertiteln zu sehen:
Persische Untertitel sind dem Beitrag hier angefügt: