Auf der Suche nach Gerechtigkeit – Paridokht Khazes Geschichte geht unter die Haut

Paridokht Khazes Geschichte geht unter die Haut. Schon kurz nach der Islamischen Revolution im Iran verliert sie ihren Mann Hossein, der als Angehöriger der religiösen Minderheit der Bahá’í von den Schergen der neuen Machthaber hingerichtet wird. Das ist aber nicht das Ende, sondern erst der Beginn ihrer Geschichte. In jahrelangen Auseinandersetzungen mit den Machthabern bringt sie die Umstände der Ermordung ihres Mannes ans Licht der Öffentlichkeit. Sie kämpft gegen die Enteignung ihres gemeinsamen Hauses und ihres Besitzes – und erreicht durch Mut und Hartnäckigkeit, dass ihre engsten Schergen zur Rechenschaft gezogen werden. Doch dafür muss sie selbst mit einer Haftstrafe büßen. Paridokht Khaze lebt heute 89-jährig in Berlin. Eine auszugsweise Lesung aus ihrer im Erzählverlag erschienenen Biographie können Sie sich hier anhören:

Das Buch enthält folgendes Vorwort des Bundesinnenministers a.D., Gerhart R. Baum:

Geschichtliche Entwicklungen, Umbrüche, Katastrophen werden von Historikern beschrieben, analysiert und bewertet. Das alles bleibt in der Regel ziemlich abstrakt. Was solche Entwicklungen für die einzelnen Menschen bedeuten, das erst rundet das Bild und vermittelt eine Anschauung von der wirklichen Dimension der geschichtlichen Ereignisse. Die Vernichtung der Juden während der Barbarei der Nazis ist nicht allein durch die Zahl der Opfer zu beschreiben – sie wird am Einzelschicksal deutlich, beispielsweise an dem der Anne Frank. Welcher Mut gehörte dazu, Widerstand gegen die Nazis zu leisten, und wie schrecklich die Folgen waren, zeigt das Schicksal der Geschwister Scholl und ihrer Freunde.

Hier in den persönlichen Erinnerungen einer Iranerin geht es um die Verfolgung der Bahá‘í-Religion im Iran. Wir erhalten einen anschaulichen Bericht, wie sich die Politik der letzten Jahrzehnte im Iran auf eine Bahá‘í-Familie ausgewirkt hat. Der Vater und Ehemann wurde wegen seines Bekenntnisses zu seiner Religion hingerichtet, die Familie verfolgt. Mutter und Kinder leben heute in Deutschland.

Für mich hat das Buch eine besondere Bedeutung. Ich kenne die Familie seit den 70er Jahren. Die Verfolgung der Bahá‘í im

Iran durch staatlich geführte, geförderte oder geduldete Maßnahmen bedeutet die Verletzung zahlreicher fundamentaler Menschenrechte. Sie erstrecken sich auf bürgerlich-politische und wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte. Den Bahá‘í werden Glaubens und Religionsfreiheit, das Recht auf Arbeit und Bildung, auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit verweigert. Enteignungen, Vertreibung, Verhaftungen, Folter, legale wie extra legale Hinrichtungen werden praktiziert. Die Bahá‘í sind einem Willkürregime rechtlos und schutzlos ausgeliefert. Die deutsche Regierung und die Europäische Union haben diese Menschenrechtsverletzungen wiederholt kritisiert. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen äußerte ihre tiefe Besorgnis.

Das alles ist der Hintergrund für diese Lebensgeschichte, die einprägsam und anschaulich den Alltag einer verfolgten Familie im Iran beschreibt. Man erfährt, welche Wirkung diese Religion, die uns Menschen für hinreichend mündig erklärt, die Wahrheit selbstständig zu erforschen, und von Toleranz geprägt ist, auf ihre Anhänger hat.


Einen Bericht zur aktuellen Lage der Verfolgung der Bahá’í im Iran finden Sie hier.

Diesen Artikel teilen: