Iranische Regierung beschlagnahmt Bahá'í-Grundstücke: BIC ruft zu internationaler Unterstützung auf

Berlin, 26. August 2021 – Die iranischen Behörden haben eine neue Welle der wirtschaftlichen Strangulierung gegen die Bahá’í im Iran ausgelöst, indem sie die Grundstücke von sechs Bahá’í in der Provinz Semnan beschlagnahmen. Die Beschlagnahme von Grundstücken ist seit vier Jahrzehnten eine gängige Maßnahme gegen die wegen ihres Glaubens verfolgten Bahá’í im Iran.
Die Baha’i International Community (BIC) hat den Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen offizielle Besorgnis-Schreiben zu dieser Entwicklung vorgelegt und fordert die Vereinten Nationen und andere internationale Akteure auf, bei der iranischen Regierung zu intervenieren, um sicherzustellen, dass die Bahá’í nicht durch den Staat enteignet werden.
Anfang dieses Monats wurde auf der Website der iranischen Justiz eine Mitteilung veröffentlicht, in der die Eigentümer über die bevorstehenden Beschlagnahmungen informiert wurden. Die Bekanntmachung erfolgte, nachdem Sicherheitskräfte im November 2020 eine Reihe von Razzien bei Bahá’í-Eigentümern in verschiedenen Teilen Irans durchgeführt hatten. Bei diesen Razzien wurde eine große Anzahl von Eigentumsurkunden einzelner Bahá’í beschlagnahmt, darunter auch die Urkunden für die Grundstücke in Semnan, die nun beschlagnahmt werden sollen. Im vergangenen Jahr wurden auch Grundstücke im Dorf Ivel in der Provinz Mazandaran, die den Bahá’í gehören, von den Behörden beschlagnahmt.
Als Grund für die Beschlagnahmungen gibt das Gericht an, dass die Grundstücke Bahá’í-Institutionen gehörten. Diese Institutionen wurden jedoch 1979 von der Islamischen Republik verboten und 1983 formell aufgelöst. Darüber hinaus wurde ihr gesamtes Eigentum nach der Islamischen Revolution beschlagnahmt, so dass sich derzeit keine Immobilien im Besitz von Bahá’í-Institutionen im Iran befinden.
Die Grundstücke in Semnan werden – falls die Beschlagnahmungen fortgesetzt werden – an die halbstaatliche Organisation „Ausführung der Anordnungen von Imam Khomeini“ übertragen, die vom Obersten Führer kontrolliert wird. Nach Artikel 49 der iranischen Verfassung, der zur Rechtfertigung der Beschlagnahmungen missbraucht wird, muss die Regierung die Legitimität solcher Beschlagnahmungen nach islamischem Recht nachweisen. Die Anwendung dieses Artikels auf die Bahá’í zeigt deutlich den religiös motivierten Zweck, der hinter der Aneignung des Eigentums steht; es handelt sich um einen offensichtlichen Fall von wirtschaftlicher Strangulierung und verstößt gegen internationale Gesetze zur Nichtdiskriminierung.
Die BIC fordert nun ein dringendes Eingreifen der UNO und der internationalen Gemeinschaft, um diese ungerechtfertigte Aneignung von Privatbesitz zu stoppen. Die letztjährigen Beschlagnahmungen in Ivel erfolgten auf der Grundlage der derselben diskriminierenden Auslegung von Artikel 49. Das Gesetz wird auch benutzt, um die Beschlagnahme von Ackerland zu rechtfertigen, das seit mehr als einem Jahrhundert den Bahá’i-Familien im Dorf Roschankuh gehört.
Semnan wurde in der Vergangenheit von den Behörden als „Experimentierfeld“ für systematische Verfolgungskampagnen gegen die Bahá’í im Iran genutzt. Die Angriffe auf die Bahá’í in Semnan zeichneten sich durch ihre besondere Intensität, die Mobilisierung und Koordinierung offizieller und inoffizieller Kräfte, einschließlich der Polizei, der Gerichte, der lokalen Behörden und des Klerus, sowie durch Verfolgungen aus, die von Hassreden bis hin zu wirtschaftlicher Strangulierung, Verhaftungen und tätlichen Angriffen reichten. Die BIC sieht darin ein Muster, das mit der staatlich gelenkten Kampagne der wirtschaftlichen Verfolgung im gesamten Iran übereinstimmt.


Einen aktuellen Lagebericht über die Verfolgung der Bahá’í im Iran finden Sie hier.

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