Berlin, 5. Mai 2023 – Die Bahá’í-Gemeinde in Deutschland ist zutiefst bestürzt darüber, dass ein Beamter des iranischen Geheimdienstministeriums, Masoud Momeni, inmitten des umfassenden Leidens der iranischen Bevölkerung damit fortfährt, verstorbene Bahá’í ohne Kenntnis ihrer Familien und unter Verstoß gegen die Bestattungspraktiken der Bahá’í zwangsweise zu bestatten.
Nach zwei Vorfällen Ende März wurde jetzt bekannt, dass vier weitere verstorbene Bahá’í auf diese Weise begraben wurden. Drei weitere Leichname befinden sich noch in der Leichenhalle, während die Familien sich fortwährend um ein würdiges Begräbnis für ihre Angehörigen bemühen.
In einem erneuten Akt der Rachsucht wurden drei Personen, Mansour Amini, Valiollah Ghedamian und Ataollah Zafar, die sich seit vielen Jahren für die Belange der Bahá’í auf dem Friedhof eingesetzt haben, vom Geheimdienstministerium verhaftet. Auch ein Angehöriger eines Verstorbenen, der versucht hat, die Bestattungsfrage auf dem Rechtsweg zu klären, befindet sich in Gewahrsam. Frau Shadi Shahidzadeh wurde verhaftet, nachdem sie sich an iranische Beamte gewandt hatte, um die Genehmigung zu erhalten, ihre Großmutter nach den Riten der Bahá’í zu bestatten.
Herr Momeni verlangt exorbitante Summen, damit die Bahá’í ihre Angehörigen auf ihrem eigenen Friedhof in Teheran bestatten können. Die Familien lehnen diese nur mündlich übermittelten Forderungen ab, da ihnen keine offiziellen Papiere beiliegen und die Bahá’í nicht erkennen können, ob die Beträge an das Geheimdienstministerium, eine andere Behörde oder an Herrn Momeni selbst gezahlt werden müssten.
Herr Momeni hat in den letzten Wochen insgesamt sechs Bahá’í auf diese Weise beigesetzt. Darüber hinaus verscharrt er die verstorbenen Bahá’í in engen Gräbern und hat in mindestens einem Fall zwei Leichname gemeinsam in ein Grab gelegt. Die Beerdigungen finden auf dem Gelände eines historischen Massengrabs in Khavaran statt, wo Tausende von politischen Gefangenen und Gefangenen aus Gewissensgründen, die in den 1980er Jahren hingerichtet wurden, begraben sind. Bereits vor zwei Jahren versuchte die iranische Regierung, die Bahá’í zu einer Bestattung in diesem Massengrab zu zwingen – und löste damit internationales Aufsehen aus.
„Die Grausamkeit der zwangsweisen Bestattungen und die ungerechte Verhaftung dieser vier unschuldigen Bahá’í ist unfassbar“, sagt Jascha Noltenius, Beauftragter für Menschenrechtsfragen der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland. „Familien, die bereits den Tod ihrer Angehörigen betrauern, haben nun die zusätzliche Last zu tragen, dass sie ihre Angehörigen nicht gemäß den Bestattungspraktiken der Baha’i auf ihrem eigenen Friedhof beerdigen können und in einigen Fällen mit ansehen müssen, wie ihre Angehörigen und Glaubensgeschwister in Gewahrsam genommen werden, nur weil sie ihre Menschenrechte einfordern. Diese kaltherzigen und grotesken Gräueltaten müssen unverzüglich aufhören.“
Die Bahá’í haben seit mehr als vier Jahrzehnten mit Bestattungsproblemen zu kämpfen. Ihre Friedhöfe wurden zerstört, Gräber geschändet und Familien wurden sogar daran gehindert, ihre Ruhestätten zu besuchen – all dies ist Teil der systematischen Verfolgung der Bahá’í-Gemeinde durch die iranische Regierung.
Hintergrund:
● Anfang April berichtete die Internationale Bahá’í-Gemeinde, dass Masoud Momeni, ein Beamter des Geheimdienstministeriums, der im April 2021 die Kontrolle über den Friedhof der Bahá’í-Gemeinde in Teheran an sich gerissen hatte, in einem dreisten und barbarischen Akt einen verstorbenen Bahá’í auf dem Khavaran-Friedhof in der Nähe von Teheran begraben hatte, ohne die Familie des Verstorbenen zu benachrichtigen und unter Verstoß gegen die Bestattungspraxis der Bahá’í.
● Der Beamte hatte von der Familie eine exorbitante Gebühr für die Beisetzung auf einem Grundstück verlangt, das bereits im Besitz der Bahá’í-Gemeinde war und von ihr verwaltet wurde. Er drohte der Familie, wenn sie seinen Forderungen nicht nachkäme, würde die Beerdigung auf einem Gelände stattfinden, das an den Bahá’í-Friedhof angrenzt, der zuvor von der Regierung für die Bestattung hingerichteter politischer Gefangener genutzt wurde.
● Derselbe Geheimdienstmitarbeiter drohte, einen anderen Bahá’i unter denselben Umständen zu begraben, wenn die Familie des Verstorbenen sich ebenfalls weigere, seinen Forderungen nachzugeben.
● Vor zwei Jahren begannen die iranischen Behörden im Rahmen einer seit 43 Jahren andauernden systematischen Verfolgungskampagne gegen die Bahá’í, die Gemeinde daran zu hindern, ihren Teil des Friedhofs von Khavaran zu nutzen. Sie verlangten, dass die Bahá’í ein angrenzendes Gelände nutzen, das zuvor als Massengrab genutzt worden war. Die Bahá’í weigerten sich aus Respekt vor den Toten und ihren Hinterbliebenen.
● Vor der Revolution besaß die Bahá’í-Gemeinde in Teheran ein landschaftlich schön gestaltetes und angemessenes Friedhofsgelände von etwa 80.000 Quadratmetern. Im Jahr 1980 wurde dieser zentrale Bahá’í-Friedhof in Teheran beschlagnahmt. Die Regierung ebnete daraufhin das Gelände ein, auf dem mehr als 15.000 Gräber standen, entfernte Grabsteine und verkaufte die wertvollen. In den 1990er Jahren wurde das Gelände weiter entweiht, als die Leichen der Bahá’í exhumiert und schändlich auf Lastwagen verladen wurden. Dann wurden Bulldozer eingesetzt, um das Gelände für den Bau des „Khavaran Cultural Center“ zu räumen.
● Der Exekutivdirektor der Behesht-e Zahra-Organisation (der Behörde, die den großen Khavaran-Friedhof in Teheran verwaltet) gab später bekannt, dass der Bahá’í-Gemeinde als Ersatz ein 27.000 Quadratmeter großes, unfruchtbares Grundstück ohne Einrichtungen rechtmäßig übertragen wurde, auf dem die Gemeinde aufopferungsvoll Grünflächen, eine Leichenhalle, eine Umfassungsmauer sowie Ein- und Ausgangstore an der Khavaran-Straße angelegt hat. Andere Minderheitengemeinschaften haben ebenfalls separate Friedhöfe innerhalb desselben größeren Komplexes. Der neue Bahá’i-Friedhof befand sich neben dem armenischen Friedhof innerhalb desselben größeren Komplexes und neben einem Massengrab für politische Opfer.
● Der Teheraner Khavaran-Friedhof ist die letzte Ruhestätte für Tausende von politischen Opfern, die in den 1980er Jahren von der jungen Islamischen Republik hingerichtet und in ein Massengrab gelegt wurden.
● Der Versuch, von den Hinterbliebenen der Bahá’í exorbitante Summen zu verlangen, um ihnen gehörenden Friedhof in Teheran zu nutzen, und dann die Verstorbenen auf dem Massengrab aus den 1980er Jahren zu bestatten, wenn sie sich aus Prinzip weigern, ist ein Versuch, sowohl die Erinnerung an Tausende von politischen Opfern auszulöschen als auch der verfolgten iranischen Bahá’í-Gemeinde weiteren Schaden zuzufügen.
● Die iranische Regierung hat seit der islamischen Revolution von 1979 die Bestattung der Bahá’í behindert und sogar blockiert.
● Die Bestattungs- und Beerdigungspraktiken der Baha’i verlangen, dass der Verstorbene mit Würde und Respekt behandelt wird und dass ein bestimmtes Gebet verlesen wird – beides wurde bei Herrn Majidi nicht eingehalten.
● Seit 1979 werden die Baha’i im Iran systematisch verfolgt, indem sie willkürlich inhaftiert, aufgrund haltloser Anschuldigungen zu Gefängnisstrafen verurteilt, ihnen Bildung und Lebensunterhalt verweigert, ihre Häuser beschlagnahmt und zerstört, sie durch Hassreden verleumdet und ihre Gräber geschändet werden. All dies ist Teil einer Kampagne zur Zerstörung der iranischen Bahá’i Gemeinde.