Berlin, 25. Mai 2024 – Eine starke Allianz aus Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen, europäischen Parlamentariern, Botschaftern, internationalen Menschenrechtsorganisationen und einer Friedensnobelpreisträgerin forderte in diesem Monat die De-facto-Behörden der Huthis in Sanaa, Jemen, auf, fünf Bahá’í freizulassen, die heute vor einem Jahr bei einem gewaltsamen bewaffneten Überfall festgenommen wurden.
Die Razzia, die während einer friedlichen Versammlung der Baha’i-Gemeinde stattfand, wurde per Live-Zoom-Anruf aufgezeichnet und im vergangenen Jahr veröffentlicht. Siebzehn Personen wurden verhaftet, darunter fünf Frauen. Zwölf von ihnen wurden inzwischen wieder freigelassen, stehen aber weiterhin unter Beobachtung und sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Die fünf, die noch hinter Gittern sind – Abdul Elah Al-Boni, Muhammad Al-Dubai, Ibrahim Juail, Abdullah Al-Olofi und Hassan Thabet Al-Zakari – sind seit einem Jahr ungerechtfertigter Inhaftierung und anderer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Jeder von ihnen wurde unter Druck gesetzt, seinem Bahá’í-Glauben abzuschwören, ohne Erfolg. Sie mussten „Umerziehungsprogramme“ über sich ergehen lassen, mit denen sie mit der Ideologie der Huthis indoktriniert werden sollten, was nach internationalem Recht eindeutig einer erniedrigenden Behandlung und Nötigung gleichkommt.
„Welche Rechtfertigung können die De-facto-Behörden der Huthis in Sanaa für einen gewaltsamen Überfall maskierter Bewaffneter auf eine friedliche Versammlung jemenitischer Bürger vorbringen?“, sagt Jascha Noltenius, Beauftragter für Menschenrechtsfragen der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland. „Siebzehn Menschen wurden ohne ein ordentliches Verfahren inhaftiert, obwohl sie keine Straftat begangen haben, und die Zwölf, die freigelassen wurden, leiden weiterhin unter abscheulichen Menschenrechtsverletzungen und Entbehrungen. Selbst ein Tag wäre eine zu lange Haftstrafe für diese jemenitischen Bahá’í gewesen. Ein ganzes Jahr ist ungeheuerlich und entsetzlich.“
„Die traurige Ironie ist, dass die Huthis ihr eigenes Volk unbarmherzig verfolgen, während sie sich selbst als Verteidiger der Unterdrückten darstellen wollen“, fügt Noltenius hinzu. „Die internationale Bahá’í- Gemeinde ist dankbar für die vielen Unterstützungsbekundungen von Regierungen, Menschenrechtsvertretern und prominenten Akteuren aus aller Welt.“
Folgende Erklärungen wurden unter dem Hashtag #FreeYemeniBahais in den sozialen Medien veröffentlicht:
● Fünf UN-Sonderberichterstatter und eine Gruppe von Experten: „Wir fordern die De-facto-Behörden auf, diese fünf Personen unverzüglich freizulassen und von allen weiteren Maßnahmen abzusehen, die ihre physische und psychische Unversehrtheit gefährden könnten. (…) Hassreden und die Aufstachelung zu Hass, Feindseligkeit und Diskriminierung gegen religiöse Minderheiten sollen einen Keil in die Gesellschaft treiben, was zu einer Zeit, in der Friedensverhandlungen im Gange sind, besonders besorgniserregend ist. Solche Äußerungen bedrohen das Leben und die Integrität der gesamten Baháʼí-Gemeinde und anderer religiöser oder weltanschaulicher Minderheiten im Land.“
● Die Friedensnobelpreisträgerin Dr. Shirin Ebadi sagte: „Ich fühle mich verpflichtet, mich mit all jenen zu solidarisieren, die die menschliche Freiheit schätzen und sich weigern, angesichts unmenschlicher Strukturen zu schweigen. Ich fordere die bedingungslose Freilassung dieser Personen, da ich glaube, dass eine Inhaftierung allein aufgrund der religiösen Überzeugung eine fundamentale Ungerechtigkeit darstellt.“
● Der jemenitische Minister für Information und Kultur Moammar Al-Eryani sagte: „Die internationale Gemeinschaft, die Vereinten Nationen, Menschenrechtsorganisationen, Juristen und Aktivisten müssen sich mit den Entführten solidarisieren und Druck auf die Huthis-Miliz ausüben, um ihre sofortige und bedingungslose Freilassung sicherzustellen.“
● Dr. Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker fordert die Huthi-Miliz auf, alle gefangenen Bahá’í freizulassen, sowie „die eingeschränkte Bewegungsfreiheit für bereits freigelassene Bahá’í wie alle anderen Restriktionen aufzuheben.“
● Niku Jafarnia von Human Rights Watch sagte: „Es ist absolut notwendig, dass die Huthis die fünf inhaftierten Bahá’í unverzüglich freilassen und dass sie die Religions-, Versammlungs- und Redefreiheit aller in ihren Gebieten lebenden Menschen respektieren. Die internationale Gemeinschaft und insbesondere diejenigen, die an den Verhandlungen mit den Kriegsparteien beteiligt sind, müssen sicherstellen und betonen, dass die Rechte religiöser Minderheiten und anderer Personen während des Friedensprozesses und in der Zukunft des Jemens geschützt und priorisiert werden.“
● Diana Haidar von Amnesty International sagte: „Es ist völlig inakzeptabel, dass Menschen ins Visier genommen und hinter Gitter gebracht werden, nur weil sie ihre Rechte wahrnehmen und ihre Religion und ihren Glauben ausüben. Die unerbittliche Verfolgung von Mitgliedern der Bahá’í- Gemeinde dauert schon viel zu lange an, und das völlig ungestraft. Es ist höchste Zeit, dass diese Verhöhnung der Gerechtigkeit ein Ende hat. Die Huthi-Behörden müssen unverzüglich alle Formen der Diskriminierung und Verfolgung der Bahá’í-Minderheit und aller anderen Personen beenden, die nur wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit verfolgt werden. Den Bahá’í und den Angehörigen anderer religiöser Minderheiten muss die freie Ausübung ihrer Religion ohne Diskriminierung oder Repressalien ermöglicht werden.“
● Die United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) forderte die sofortige Freilassung der inhaftierten Bahá’í.
● Auch das Kairoer Institut für Menschenrechte wies in einer Erklärung darauf hin, dass die jemenitischen Bahá’í seit einem Jahr inhaftiert sind, und forderte ihre Freiheit.
● Parlamentsmitglieder in den Niederlanden und Österreich, darunter eine parteiübergreifende österreichische Gruppe, gaben ebenfalls Solidaritätsbekundungen ab.
● Und auf der Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema Jemen in diesem Monat sagte die britische Botschafterin Barabara Woodward: „Es ist fast ein Jahr her, dass die Huthis Mitglieder der Bahá’í-Gemeinde unrechtmäßig festgenommen haben. Wir fordern die Huthis weiterhin auf, die Religions- und Glaubensfreiheit zu wahren und die verbleibenden inhaftierten Bahá’í unverzüglich und bedingungslos freizulassen.“ Die maltesische Botschafterin Vanessa Frazier schloss sich dem Aufruf „zur sofortigen und bedingungslosen Freilassung (…) der fünf verbleibenden Bahá’í an, die seit über einem Jahr gewaltsam inhaftiert sind.“ Im vergangenen Jahr hatte der UN-Sicherheitsrat die Inhaftierung der jemenitischen Bahá’í „bedauert“ und ihre Freilassung gefordert.
„Die Huthis müssen verstehen, dass die internationale Gemeinschaft zuschaut”, sagt Noltenius. „Wenn die De-facto-Behörden der Huthis nicht nur als eine Bande bewaffneter Schläger angesehen werden wollen – wenn sie ernst genommen und nicht nur als Handlanger der iranischen Außenpolitik betrachtet werden wollen – müssen sie allen Jemeniten gegenüber Gerechtigkeit walten lassen und die Bahá’í unverzüglich freilassen.“
Hintergrund:
● Im Juli 2023 verurteilten jemenitische Stammesführer ebenfalls den Angriff auf die Bahá’í vom Mai 2023 und forderten ihre Freilassung. Die Gruppe fügte hinzu, dass die Verfolgung der Bahá’í im Jemen gegen die Stammesbräuche und eine seit langem bestehende jemenitische Kultur der religiösen Koexistenz verstoße.
Es wurde auch der Verdacht geäußert, dass die Huthis jemenitische Bahá’í im Namen der Islamischen Republik Iran angreifen. Die Bahá’í-Gemeinde im Iran wird seit der Islamischen Revolution von 1979 verfolgt. Eine der erklärten Strategien der iranischen Regierung besteht darin, „ihre kulturellen Wurzeln außerhalb des Landes zu bekämpfen und zu zerstören.”
● Die jemenitische Bahá’i-Gemeinde ist seit der Machtübernahme durch die Huthis willkürlichen Verhaftungen, ungerechten Prozessen, Verhören und Folter ausgesetzt. Eine hasserfüllte Predigt des Großmuftis der Huthis, Shams al-Din Sharaf al-Din, die sich gegen die Bahá’í richtete, ist eine von vielen öffentlichen Aufrufen zur Gewalt gegen die religiöse Minderheit. Mehrere jemenitische Baha’i wurden aus dem Land verbannt, und die De-facto-Behörden der Huthis haben ein unbegründetes Verfahren gegen 24 weitere Bahá’í noch immer nicht eingestellt.