New York, 12. November 2024 — Ein wichtiger neuer Bericht mit dem Titel „Outsiders: Multifaceted Violence Against Bahá’ís in the Islamic Republic of Iran“ (Außenseiter: Vielfältige Gewalt gegen Bahá’í in der Islamischen Republik Iran) wurde gerade in New York veröffentlicht. Er deckt die Gewalt auf, der die Bahá’í, während 45 Jahren anhaltender Verfolgung und in allen Lebensbereichen seit der Islamischen Revolution von 1979 ausgesetzt sind.
Outsiders ist der jüngste in einer Reihe von höchst bedeutsamen unabhängigen Berichten und Stellungnahmen über die Bahá’í im Iran, die in den letzten Monaten veröffentlicht wurden. Dazu gehören der Bericht von Human Rights Watch „The Boot On My Neck“, der feststellt, dass die Behandlung der Bahá’í-Gemeinde durch den Iran ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Verfolgung ist; die UN-Untersuchungskommission über den Iran, die die umfangreiche Verfolgung von Bahá’í-Frauen im Iran während der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ dokumentiert; der Abschlussbericht des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters für Menschenrechte im Iran; Javaid Rehman, der in seiner Abschlussrede im Juli 2024 ebenfalls erklärte, dass „die Bahá’í mit Vorsatz des Völkermordes und Verfolgung ins Visier genommen wurden“; und die Veröffentlichung eines gemeinsamen Briefes mit Anschuldigungen, der von 18 Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen und Experten der UN-Arbeitsgruppe herausgegeben wurde, die in einem beispiellosen Schritt gemeinsam die Islamische Republik Iran für die jüngste Zunahme von Angriffen auf Bahá’í-Frauen rügten.
Der neue Bericht wurde vom Abdorrahman Boroumand Center for Human Rights in Iran in Zusammenarbeit mit Eleos Justice an der Monash University erstellt, einer Denkfabrik, die von Prof. Mai Sato, der neuen UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage im Iran, gegründet und geleitet wurde. Der Bericht konzentriert sich auf die Gewalt gegen die Bahá’í-Gemeinde seit der Entstehung der Bahá’í-Religion im Jahr 1844 und dokumentiert drei Formen von Gewalt, wie sie der Soziologe Johan Galtung beschreibt, nämlich direkte, strukturelle und kulturelle Gewalt. Er zeigt, dass sie Teil der systematischen Bemühungen der iranischen Regierung sind, die religiöse Minderheit der Bahá’í aus der Gesellschaft zu eliminieren.
Outsiders weist darauf hin, dass die schiitischen Geistlichen des Iran die Bahá’í seit der Gründung des Glaubens als „Unreinheit“ bezeichnet haben, um „ihre Diskriminierung und Unterdrückung zu rechtfertigen“. Die Organisation stellte in dem Bericht ferner fest, dass das Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Verfolgung an den Bahá’í im Iran begangen wurde.
„Die Ideologie, die der Verfolgung der Bahá’í im Iran zugrunde liegt, ist vielschichtig und stützt sich auf religiöse, politische und historische Narrative. Sie verbindet theologische Einwände mit Verschwörungstheorien, nationalistischen Gefühlen, (…) die im Gesetz verankert und in verschiedenen Formen von Diskriminierung und Verfolgung institutionalisiert sind“, heißt es in dem Bericht.
Die Veröffentlichung von Outsiders fand in der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York statt. Der deutsche Botschafter und stellvertretende Ständige Vertreter bei den Vereinten Nationen, S.E. Thomas Peter Zahneisen, sagte in seinen Bemerkungen, dass die Bahá’í „ihrer Freiheiten beraubt wurden, nur weil sie von ihrem Recht auf freie Religionsausübung Gebrauch gemacht haben (…) Wir wissen, dass die Berichte über Folter, Geständnisse und andere Formen des Missbrauchs nur allzu häufig sind.“ Er fügte jedoch hinzu, dass „die Geschichte der Bahá’í im Iran nicht nur eine Geschichte der Unterdrückung ist, sondern auch eine Geschichte der Menschlichkeit, der Beharrlichkeit und des Mutes. Trotz der Unterdrückung, trotz einer Kultur der Angst, setzen sich Bahá’í-Männer und -Frauen für Gerechtigkeit und Gleichheit ein. Sie stehen für ihre Rechte ein und unterstützen andere bei der Verteidigung ihrer Rechte. Sie verkörpern Resilienz und unterstützen nicht nur ihre Gemeinschaft, sondern auch die Menschen um sie herum.“
„Für uns sind die Menschenrechte universell und unteilbar“, sagte Botschafter Zahneisen. „Wir werden den Iran weiterhin auffordern, seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen.“
Basierend auf 57 Interviews mit Bahá’í, die von ihren persönlichen Erfahrungen berichteten und auf öffentlichen Menschenrechtsressourcen, enthüllt Outsiders direkte Gewalt, darunter Hinrichtungen, Inhaftierungen, Zerstörung und Beschlagnahmung von Eigentum; strukturelle Gewalt, darunter die Verweigerung von Bildung und Lebensunterhalt; und kulturelle Gewalt, einschließlich Hassreden, die von Klerikern, Beamten und staatlichen Medien verbreitet werden, sowie die Schändung von Friedhöfen.
Dr. Roya Boroumand, geschäftsführende Direktorin des Abdorrahman Boroumand Centers, das den Bericht verfasst hat, sagte, dass die Bahá’í mit dem Aufkommen des Bahá’í-Glaubens im Iran in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Diskriminierung konfrontiert wurden. „Die Anhänger des Bahá’í-Glaubens wurden als abtrünnige Ungläubige angesehen, und sie sind seit dieser Zeit kontinuierlicher und intensiver Verfolgung ausgesetzt, geprägt von Episoden extremer Gewalt und systematischer Verleugnung des Lebens“, heißt es in dem Bericht.
Ein wichtiges Ergebnis des Berichts besteht jedoch darin, dass die iranische Bevölkerung der Politik der Diskriminierung der Bahá’í-Gemeinde zunehmend „Widerstand“ leistet.
„Trotz dieser wiederholten Versuche, die Öffentlichkeit mit Anti-Bahá’í-Stimmungen zu indoktrinieren, deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass sich die Öffentlichkeit zumindest bis zu einem gewissen Grad dem Einfluss staatlicher Propaganda tatsächlich Widerstand leistet“, sagte Christopher Alexander, einer der Forscher des Berichts. „Dies ist insofern besonders bemerkenswert, da es Galtungs Theorie in Frage stellt, die direkte, strukturelle und kulturelle Gewalt als sich gegenseitig verstärkend ansieht.“
„Während direkte und strukturelle Gewalt sehr stark vom Staat aufrechterhalten wird, scheint es einen zunehmenden Mangel an Verinnerlichung dieser Gewaltkultur durch die Massen zu geben“, fügte Alexander hinzu. „Unsere Interviewpartner berichteten im Allgemeinen von einer Verschiebung in der öffentlichen Einstellung gegenüber Bahá’í von Verachtung und Vermeidung zur Zeit der Revolution hin zu zunehmender Gleichgültigkeit, Akzeptanz und sogar Unterstützung der Bahá’í-Gemeinde.“
Mai Sato, die neue Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran, lobte die „mutige und widerstandsfähige“ iranische Bahá’í-Gemeinde sowie ihre jüngste #OurStoryIsOne Kampagne und bezeichnete den Ausschluss der Bahá’í aus der iranischen Verfassung als eine der Möglichkeiten, wie die iranischen Behörden die Verfolgung rechtfertigen. „Der Bericht stellt fest, dass die iranische Gemeinschaft der strukturellen Gewalt des Staates Widerstand leistet und es nicht gutheißt. Damit endet der Bericht hoffnungsvoll und ermutigend“, sagte Prof. Sato.
Bani Dugal, Sprecherin der Internationalen Bahá’í-Gemeinde bei den Vereinten Nationen, sagte in ihrem Schlusswort bei der Vorstellung des Berichts: „Da die Bahá’í in der Islamischen Republik Iran nicht anerkannt werden, bleibt die internationale Aufmerksamkeit ihr einziger Schutz angesichts der schweren Ungerechtigkeiten durch die iranischen Behörden.“
Frau Dugal dankte einzelnen Aktivisten und Organisationen der Zivilgesellschaft, wie dem Abdorrahman Boroumand Center for Human Rights und Eleos Justice, die „den Mut hatten, aufzustehen und ihre Stimme zu erheben“ über die Situation der Bahá’í-Gemeinde. „Für die Bahá’í gibt diese internationale Aufmerksamkeit denjenigen Hoffnung, die im Land verfolgt werden, und fordert die iranische Regierung auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und ihre gewalttätige Politik gegen alle Opfer von Menschenrechtsverletzungen im Iran zu beenden.“