Europäisches Parlament rügt iranische Regierung wegen der Verfolgung der Bahá’í sowie den Missbrauch von Frauen und Minderheiten

BRÜSSEL, 4. Dezember 2024 – In einer Dringlichkeitsresolution hat das Europäische Parlament vergangene Woche mit überwältigender Mehrheit die Verfolgung „ethnischer und religiöser Minderheiten“ durch die iranische Regierung „scharf verurteilt“. Dabei wurde ein 1991 vom Obersten Führer des Iran unterzeichnetes Memorandum angeführt, das die staatlich geförderte Verfolgung der Bahá’í beschreibt und die Anweisung enthält, den „Fortschritt und die Entwicklung“ der Bahá’í-Gemeinde zu „blockieren“.

In der Resolution wurde auch auf die „sofortige und bedingungslose Freilassung“ aller Opfer willkürlicher Inhaftierung, einschließlich Menschenrechtsaktivisten und Frauenrechtsverteidiger, bestanden und die iranischen Behörden dafür gerügt, dass sie in den letzten Monaten mindestens 72 Bahá’í-Frauen vorgeladen oder inhaftiert haben.

„Mitglieder des Europäischen Parlaments haben sich heute nachdrücklich für die Menschenrechte und für die Bahá’í im Iran eingesetzt. Diese Dringlichkeitsresolution, die die Schikanierung von Frauen durch die iranische Regierung sowie die Verfolgung ethnischer und religiöser Minderheiten anspricht, ist eine willkommene Anerkennung und Unterstützung für alle iranischen Bürger“, sagt Rachel Bayani, Repräsentantin der Bahá’í International Community (BIC) bei den europäischen Institutionen in Brüssel.

„Das Europäische Parlament verdeutlicht der iranischen Regierung ihre Kenntnis davon, dass die Verfolgung der Bahá’í eine staatlich geförderte Politik ist und dass Vertreter von 27 europäischen Staaten dies beobachten“, fügt sie hinzu.

In der Resolution des Europäischen Parlaments wurden mit Neda Emadi und Parastoo Hakim zwei Bahá’í-Frauen namentlich erwähnt, die aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verhaftet und ins Gefängnis gesteckt wurden, obwohl sie kleine Kinder zu Hause haben. Die beiden gehören zu den zehn Bahá’í-Frauen, die im Oktober zu insgesamt 90 Jahren Gefängnis verurteilt wurden.

„Iranische Diplomaten und Beamte leugnen die Verfolgung der Bahá’í im Iran bei jeder Gelegenheit“, sagt Frau Bayani. „Indem die Resolution auf das Memorandum der iranischen Regierung von 1991 verweist, macht das Europäische Parlament erneut auf die systematische und formelle Agenda der iranischen Regierung aufmerksam, die Bahá’í im Iran zu verfolgen und zu unterdrücken. Damit belegt es zweifelsfrei, dass die Bahá’í nur wegen ihres Glaubens verfolgt werden.“

Das 1991 verfasste Memorandum „Die Bahá‘í-Frage“ beschreibt, wie Bahá’í in ihren Bemühungen, ein normales Leben zu führen, schikaniert werden, indem ihnen als koordinierte nationale Strategie der Zugang zu Hochschulbildung oder zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwehrt wird. Das vom Obersten Revolutionsrat für Kultur der Islamischen Republik herausgegebene und vom Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei unterzeichnete Memorandum wurde von der iranischen Regierung nie geleugnet, und trotz der Appelle und Kritik der internationalen Gemeinschaft hat sie diese Staatsdoktrin nie aufgehoben.

In einer im Mai von der BIC veröffentlichten Meldung wurde berichtet, dass von den 93 im März und April 2024 Iran inhaftierten oder vorgeladenen Bahá’í 72 Frauen waren, was eine Zunahme der Angriffe auf Bahá’í-Frauen im Land offenbart. Diese vor Gericht geladenen Frauen sahen sich grundlosen Strafanzeigen und jahrelangen Gefängnisstrafen gegenüber, wurden von ihren Familien getrennt und der Grausamkeit und Gewalt des iranischen Justizsystems ausgesetzt.

Die Resolution des Europäischen Parlaments kommt nur fünf Wochen, nachdem 18 Experten der Vereinten Nationen (UN) in einem beispiellosen Schritt gemeinsam die Angriffe des Iran auf Bahá’í-Frauen verurteilt haben. Diese 18 UN-Sonderberichterstatter und Experten von UN-Arbeitsgruppen veröffentlichten einen gemeinsamen Beschwerdebrief, in dem sie die Islamische Republik Iran für die jüngste Zunahme von Angriffen auf Bahá’í-Frauen rügten. Frauen aus der Bahá’í-Gemeinde im Iran sind sowohl wegen ihres Geschlechts als auch wegen ihrer Religionszugehörigkeit einer intersektionalen Verfolgung ausgesetzt.

„Wir sind zutiefst besorgt über die offenbar zunehmende systematische, landesweite Verfolgung iranischer Frauen, die der religiösen Minderheit der Bahá’í angehören“, so die UN-Experten in ihrer Erklärung. „Dazu gehören Verhaftungen, Vorladungen zu Verhören, erzwungenes Verschwindenlassen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmung ihres persönlichen Eigentums, Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit sowie längere, aufeinanderfolgende Freiheitsberaubungen.“

In der vergangenen Woche verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen außerdem eine neue Resolution, in der der Iran für seine Menschenrechtsverletzungen gerügt wird. In den letzten Wochen wurde ein wichtiger neuer Bericht über unmittelbare, strukturelle und kulturelle Gewalt gegen die Bahá’í veröffentlicht, während UN-Mitgliedstaaten und UN-Experten während der UN-Sitzungen ihre Bedenken äußerten. Im April veröffentlichte Human Rights Watch einen Bericht, in dem festgestellt wurde, dass die Behandlung der Bahá’í durch den Iran einem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in Form von Verfolgung gleichkommt.

„Von den Vereinten Nationen bis zum Europäischen Parlament und bei Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten auf der ganzen Welt hat die iranische Regierung jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Menschenrechtsverteidiger und internationale Gremien fordern einstimmig, dass die Verfolgung der Bahá’í im Iran sofort eingestellt wird“, sagte Frau Bayani.

„Es gibt niemanden mehr, an den sich der Iran wenden kann, um Unwissenheit vorzutäuschen oder die Bahá’í ohne jegliche Grundlage und Beweise zu beschuldigen“, fügte sie hinzu. „Die iranischen Behörden sollten jetzt einen Kurswechsel vornehmen, indem sie alle Bahá’í-Gefangenen und alle unschuldigen Iraner aus dem Gefängnis entlassen, die Anti-Bahá’í-Politik aufheben und die grundlegenden Menschenrechte aller iranischen Bürger respektieren.“

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