Am Vorabend der vierten Verhandlung im Prozess gegen die sieben inhaftierten Mitglieder der iranischen Bahá’í-Führerung werden rund um den Globus Stimmen laut, die ihre Freilassung fordern.
Mit der Forderung, die sieben Bahá’í freizulassen, wandte sich der römisch-katholische Erzbischof von Delhi Vincent M. Concessao an den obersten religiösen Führer des Iran Ayatollah Ali Khamenei. Zumindest sollten sie gegen Kaution freigelassen werden, „bis eine faire und öffentliche Verhandlung geführt wird, die internationalen Standards der Rechtsprechung entspricht“, schrieb der Erzbischof bereits am 5. Juni an Khamenei. „Wie auch die Anwälte bestätigen, wurde in den bisherigen Verhandlungen keinerlei Beweise für Vergehen vorgebracht.“
Gestern führte dann der Aktivist und spirituelle Führer Swami Agnivesh eine friedliche Prozession an, die durch die Straßen von Neu Delhi zum regierungseigenen Hyderabad Haus führte. Dort angekommen veranstalteten die Organisatoren des Protestmarsches eine Pressekonferenz. Viele der Teilnehmer der Kampagne trugen Masken, Plakate und Banner mit Bildern der sieben Bahá’í-Führer wie auch vieler anderer derzeit inhaftierter Gefangener aus Gewissensgründen.
Swami Agnivesh sprach darüber, dass Menschlichkeit bedeute, allen Menschen gegenüber Liebe und Respekt zu zeigen. Die Menschlichkeit fordere außerdem, dass Menschen verschiedener Glaubenssysteme und Ideologien in Frieden und Solidarität nebeneinander leben, wie die indische Zeitung The Hindu über die Veranstaltung schrieb.
Auftakt für weltweite Initiativen
Der Marsch in Neu Delhi war Auftakt zum morgigen Global Day of Action, mit dem dazu aufgerufen wird, die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu beenden. Der Tag fällt auf den ersten Jahrestag der umstrittenen Präsidentschaftswahl von 2009. Die Initiative wurde von United4Iran, einem weltweiten Netzwerk, ins Leben gerufen und wird von zahlreichen Organisationen wie Amnesty International und der Internationalen Bahá’í-Gemeinde unterstützt.
Bekannte Nichtregierungsorganisationen und eine ganze Reihe örtlicher Vereinigungen, Studentengruppen und Internetaktivisten werden zeitgleich Veranstaltungen in über 80 Städten und auf Universitätsgeländen rund um den Globus durchführen.
In Großbritannien machte ein in London gestartetes mobiles Plakat, worauf die sieben Bahá’í-Führer zusehen sind, auf ihr Leid aufmerksam.
In den Vereinten Nationen unterbreitete der Abgeordnete Frank R. Wolf dem Kongress eine Stellungnahme, in dem er zu der erneuten Unterstützung der Bahá’í aufrief. „Die Welt kann vor der brutalen Unterdrückung dieses Regimes gegenüber seinen eigenen Bürgern nicht die Augen verschließen“, begründete Wolf seine Initiative. „Wir müssen uns weiterhin für einen fairen Prozess und für die grundlegenden Rechte der Bahá’í-Gemeinde einsetzen. Erst kürzlich stellte die U.S. Commission on International Religious Freedom in einem Bericht fest, dass die Bahá’í-Gemeinde „schon lange besonders schwerwiegender religiöser Verfolgung im Iran ausgesetzt ist“, sagte er.
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
In einer Debatte anlässlich der 14. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen wurde in dieser Woche in Genf ebenfalls Sorgen zum Ausdruck gebracht. Die Situation der verfolgten iranischen Bahá’í-Gemeinde brachte am 8. Juni Spanien im Namen der Europäischen Union vor. Sie fand auch Erwähung in Beiträgen von Österreich, Kanada, Neuseeland und den USA.
„Wir befürchten, dass die sowieso schon desolate Menschenrechtslage im Iran sich weiterhin verschlechtert, wenn die internationale Gemeinschaft die iranische Regierung nicht auch weiterhin auffordert, für seine Handlungen Rechenschaft abzulegen“, sagte der Vertreter Kanadas.
Sieben Mitgliedsstaaten der EU unterstützten nicht nur die von Spanien eingebrachte Erklärung, sondern erwähnten zusätzlich auch ihre eigene Sorge über die Verfolgung der Bahá’í. So berichtete Österreich, dass es weiterhin „in tiefer Sorge über die Diskriminierung und Drangsalierung der religiösen Minderheiten ist, besonders über die Bahá’í-Anhänger und die Verhandlung ihrer sieben Führer, welche wir genauestens mitverfolgen“.
Die Verhandlung der sieben Bahá’í-Führer begann am 12. Januar, nachdem sie ohne Anklage 20 Monate lang im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert waren. Bei der ersten Verhandlung vor der 28. Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran lehnten die Bahá’í die gegen sie vorgebrachten Anklagepunkte wie Spionage, Propagandaaktivitäten gegen die islamische Ordnung und die Verbreitung von “Verderbtheit auf Erden” sowie alle anderen Anklagepunkte kategorisch ab.
Die sieben Angeklagten sind Fariba Kamalabadi, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Mahvash Sabet, Behrouz Tavakkoli und Vahid Tizfahm. Vor ihrer Verhaftung kümmerten sie sich um die sozialen und geistigen Belange der mehr als 300.000 Mitglieder zählenden iranischen Bahá’í-Gemeinde.
Es sind derzeit etwa 41 Bahá’í in verschiedenen Städten im Iran inhaftiert.
[Dieser Text ist eine Übersetzung einer aktuellen Meldung des Bahá’í World News Service]