Muslimische Geistliche aus Großbritannien, Indien, Pakistan, dem Iran und Bahrain unterstützen den im letzten Monat vom schiitischen Geistlichen Ayatollah Abdol-Hamid Masoumi-Tehranis erfolgten Aufruf zu religiöser Toleranz und einem konstruktiven Miteinander von Muslimen mit den Bahá’í.
London, 13. Mai 2014 – Ayatollah Tehrani hatte im April der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er eine Kalligrafie mit einer heiligen Schrift der Bahá’í angefertigt habe. Das Kunstwerk, das er der weltweiten Bahá’í-Gemeinde schenkte, sollte daran erinnern, dass „alle Menschen wertzuschätzen“ seien. Hass gelte es zu vermeiden genauso wie Feindschaft und religiöse Vorurteile, schrieb der hochrangige Geistliche auf seiner Internetseite. Stattdessen rief er in einer Stellungnahme zu einem friedlichen Miteinander, zu Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung auf. Nun bekam er Unterstützung von Muslimen aus allen Teilen der Welt.
Diese Unterstützung ist wichtig. Viele muslimische Geistliche legen die Lehren des Islam so aus, dass nur drei Religionen – das Judentum, das Christentum und der Islam – göttlichen Ursprungs und daher rechtmäßige, anzuerkennende Glaubenssysteme seien. Diese Auslegung führt in nicht wenigen islamischen Ländern zu Einschränkungen des völkerrechtlich verbrieften Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit für Andersgläubige wie für Nichtgläubige.
In Pakistan schrieb nun der Vorsitzende der Universal Interfaith Peace Mission, Allama Abulfateh G. R. Chishti (links), dass es die wahre Natur des Islam sei, Minderheiten zu schützen. Im Koran heiße es: „Es gibt keinen Zwang in der Religion.“ Die Stimme von Ayatollah Tehrani dürfe daher nicht „auf die leichte Schulter” genommen werden, sagte er. Der Geistliche habe „sein eigenes Leben riskiert, indem er das Thema der Sicherheit einer religiösen Minderheit im Iran angesprochen habe.“ Alle, die Frieden lieben und an Religionsfreiheit glauben, sollten den Ayatollah unterstützen, wenn sie religiös motivierter Gewalt wirklich Einhalt gebieten wollen, sagte Chishti.
In Großbritannien meinte der Gründer des British Muslim Forum, Maulana Shahid Raza, er hoffe, die Initiative von Ayatollah Tehrani würde eine dringend notwendige Verständigung zwischen Muslimen und Bahá’í im Iran und andernorts hervorbringen. „Das Forum gratuliert dem Ayatollah zu seiner mutigen und würdigen Tat und hofft aufrichtig, dass sie die Tür zu konstruktiven interreligiösen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinschaften im Iran öffnet“, schrieb Maulana Shahid Raza am 5. Mai 2014.
Inzwischen veröffentlichte auch Fiyaz Mughal, Geschäftsführer von Faith Matters (rechts), einer interreligiösen Organisation gegen Extremismus mit Sitz in Großbritannien, einen Artikel in dem Internetmagazin Huffington Post. Er lobte das Vorgehen von Ayatollah Abdol-Hamid Masoumi-Tehrani, der den Bahá’í der Welt mutig eine Schmuck-Kalligrafie mit Versen aus den heiligen Schriften der Bahá’í schenkte. „Das symbolische ‚Händereichen‘ erfolgte just, nachdem einige religiöse Gelehrte in der muslimischen Welt Aussagen trafen, in denen die Lehren des Islam dahin gehend ausgelegt werden, dass der heilige Koran die Toleranz gegenüber jeder Religion hochhalte“, schrieb Mughal.
Ibrahim Mogra, stellvertretender Generalsekretär des Muslim Council of Britain (links), fasste die aufkeimende globale Konversation erst unlängst ebenfalls zusammen, indem er die Bedeutung des Geschenks von Ayatollah Tehrani an die Bahá’í kommentierte. „Er hat uns daran erinnert, das der Islam eine Religion des Friedens ist, welche die Vielfalt aller als Teil von Gottes Schöpfung anerkennt”, schrieb Imam Mogra am 21. April 2014 in einem Artikel, der auf der Webseite von The Guardian erschien und 234 mal kommentiert wurde. „Der Ayatollah hat etwas getan, was es im Iran noch nie gab”, fuhr Imam Mogra fort. „Und er ist Teil einer wachsenden Tendenz in diesem Land; andere verfechten die unveräußerlichen Rechte aller iranischen Bürger ebenfalls. Der Islam blickt auf eine Tradition zurück, in der Minderheiten verteidigt und ihre religiösen Rechte und Freiheit geschützt wurden.”
In Bahrain drückte ein bekannter muslimischer Journalist, Es’haq Al-Sheikh, seine Unterstützung auf ähnliche Weise aus. In der Zeitung Alayam schrieb er, dass das Geschenk Ayatollah Tehranis an die Bahá’í eine Tat war, die „ein tiefer gehendes Verständnis der Aufforderung des heiligen Korans zu religiöser Koexistenz widerspiegele“. „Menschen sollten die Freiheit haben zu entscheiden, woraus ihre religiösen Überzeugungen bestehen – alle Religionen ohne Ausnahme sind theologisch gesehen gleichbedeutend“, schrieb Al-Sheikh in seinem Artikel mit der Überschrift: „Den Bahá’í-Glauben bei uns zulassen.“ Seit seiner Stiftung erleide der Bahá’í-Glaube Verfolgung, Unterdrückung, Bestrafung und Geringschätzung – „eine Tatsache, die der geistigen und intellektuellen Freiheit von Zusammenleben unter allen Religionen, ohne Ausnahme, inklusive des Bahá’í-Glaubens, widerspricht“, so Al-Sheikh in seinem Artikel, der vielfach beachtet wurde.
Am 10. April veröffentlichte Maulana Khalid Rasheed Farangi Mahli (rechts), Vorsitzender des Islamic Centre of India, eine Stellungnahme, in der es heißt: „Diese Freundlichkeit gegenüber einer bedrängten Minderheitenreligion ist eine vorbildliche Tat. Sie unterstreicht das Prinzip der Gleichheit aller Menschen vor Gott, ungeachtet ihres religiösen Glaubens. Der Islam lehrt Brüderlichkeit und Einheit mit allen Menschen auf der Welt und die feierliche Handlung von Ayatollah Tehrani ist in Übereinstimmung mit den grundlegenden Lehren Gottes“, sagte Maulana Khalid Rasheed.
Im Iran erklärte in der letzten Woche ein hochrangiger Geistlicher – ohne auf Ayatollah Tehrani einzugehen –, dass Auslegungen des Islams, wonach die Bahá’í unrein seien, nicht zutreffen. Bahá’í sollten daher gleiche Rechte genießen. „Wie alle religiösen Rechtsgelehrten, die glauben, dass Menschen rituell rein sind, glaube auch ich, dass Bahá’í rein sind“, so Hojatoleslam Mohammad Taghi Fazel Meybodi (links). „In Übereinstimmung mit den Bürgerrechten sollten alle Bürger eines Landes, ob Muslime, Bahá’í, Zoroastrier oder Menschen jeder anderen Überzeugung, die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger des Landes haben“, schrieb Hojatoleslam Meybodi in einem Aufsatz auf Iranwire, der von Iran Press Watch übersetzt wurde. „Es sollte zwischen einem Bahá’í, einem Juden oder einer anderen religiösen Minderheit in anderen Situationen wie beim Recht auf Bildung, beim Recht, einen Lebensunterhalt zu verdienen, dem Recht auf Freizügigkeit uns so weiter keinen Unterschied geben“, so Hojatoleslam Meybodi. (Text/Fotos: BWNS)