Am heutigen Tag gedenken Bahá’í auf der ganzen Welt des 100. Jahrestages des Hinscheidens ‘Abdu’l-Bahás, einer Zentralgestalt in der Bahá’í-Religion.
‘Abdu’l-Bahá, 1844 in Teheran geboren, hat als ältester Sohn des Religionsstifters Bahá’u’lláh und als dessen autorisierter Nachfolger ein wichtiges Erbe hinterlassen. Nämlich, dass jeder Mensch sein Leben nutzen sollte, um zum geistigen und materiellen Fortschritt aller Menschen beizutragen. Er war bekannt und angesehen als Verfechter für soziale Gerechtigkeit und Botschafter für den internationalen Frieden. Vor allem aber war und ist er bis heute für zahlreiche Menschen weltweit das vollkommende Vorbild von Bahá’u’lláhs Lehren.
Anlässlich dieses besonderen Gedenktages erreichte die Bahá’í-Gemeinde in Deutschland ein Grußwort des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel, in dem er ‘Abdu’l-Bahás Vorbild für eine friedlichere und gerechtere Welt würdigte:
„Am 27. November jährt sich der Todestag von ʻAbdu’l-Bahá, dem Sohn Ihres Religionsstifters zum 100. Mal. Sein Andenken inspiriert bis heute viele Menschen weltweit, sich für eine friedlichere und gerechtere Welt einzusetzen, in der alle Menschen gemäß ihrer religiösen Überzeugung und ihres Gewissens leben können.“
„Seit ihrer Gründung 1844 in Iran hat sich Ihre Gemeinschaft für eine „Einheit in der Vielfalt“ und für ein friedliches Zusammenleben der Religionen eingesetzt. ʻAbdu’l-Bahá betonte das Potential der Religionen, sich für den Frieden einzusetzen: „Religion sollte alle Herzen vereinen und Kriege und Streitigkeiten vom Angesicht der Erde verschwinden lassen.“
Ihre Gemeinschaft hat sich auch in Deutschland über viele Jahre für sozioökonomische Entwicklung, die Förderung von Frauen und die Schaffung von Bildungseinrichtungen eingesetzt. Dies zeugt von Ihrem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein für die Gesellschaft. Ich freue mich, dass ʻAbdu’l-Bahá während seiner Deutschlandreise 1913 auch meinen Heimatort Esslingen besucht hat.“
Markus Grübel ging in seinem Grußwort aber auch darauf ein, dass die Bahá’í im Iran immer noch Opfer von Verfolgung und systematischer Diskriminierung sind:
„Das menschenrechtswidrige Verhalten der iranischen Regierung gegen religiöse Minderheiten können wir nicht akzeptieren. Iran muss den Weg der Toleranz, des Respekts und der Menschenrechte beschreiten. Jeder Mensch hat das Recht, seine Religion in Freiheit auszuüben“.
„Ihre Gemeinschaft ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Religionsvertreter sich für eine friedlichere und gerechtere Welt einsetzen, in der die Würde und die Rechte jedes Menschen geachtet werden. Das verdient unsere Wertschätzung.“
Das vollständige Grußwort des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit ist hier nachzulesen.
Die Bahá’í-Gemeinde in Deutschland freut sich sehr über das wertschätzende Grußwort des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit und dankt Herrn Grübel auch dafür, dass er immer wieder auf die Menschenrechtslage der religiösen Minderheiten im Iran aufmerksam macht.
„Uns verbindet der Einsatz für die Religionsfreiheit weltweit und die Überzeugung, dass das Potential und die konstruktive Kraft von Religion Teil der Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit sein können. Die Bahá’í-Gemeinde möchte aktiv ihren Teil für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung beitragen. Ihr Grußwort nehmen wir als Ansporn, diesen Weg gemeinsam mit weiteren Akteuren aus Politik, der diversen Religionsgemeinschaften und Zivilgesellschaft weiter zu gehen und unseren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten“, sagt Pajam Sobhani, Vorsitzender des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland.
Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) würdigt `Abdu’l-Bahás Leben und Wirken in einer Pressmeldung vom 25. November 2021:
„Er war über alle Bahá’í- Gemeinden hinweg angesehen und setzte sich für soziale Gerechtigkeit und den internationalen Frieden ein. Auf seinen vielen Reisen besuchte er auch Deutschland und war unter anderem in Stuttgart, Esslingen und Bad Mergentheim zu Gast. Abdu’l-Bahá wurde am 23. Mai 1844 im heutigen Iran geboren. Er starb am 27.11.1921 in Haifa, im heutigen Israel. Zu seiner Beerdigung kamen 10.000 Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, was sein soziales Wirken verdeutlicht.“
In ihrer Stellungnahme mahnt die GfbV gleichzeitig die zunehmende Unterdrückung religiöser Minderheiten, wie den Bahá’í und konvertierter Christen, im Iran an.
In allen Teilen der Welt gedenken Bahá’í des Vorbildes Abdu’l-Bahás und erinnern an die verschiedenen Stationen Seines Lebens.
Beinahe Sein ganzes Leben verbrachte ‘Abdu’l-Bahá mit Seiner Familie in Verbannung und Gefangenschaft. Im Jahre 1908, nach der jungtürkischen Revolution, erlangte ‘Abdu’l-Bahá im Alter von 64 Jahren die Freiheit.
Diese Freiheit nutzte ‘Abdu’l-Bahá, um von 1911 bis 1913 nach Ägypten, Europa und Nordamerika zu reisen, um mit Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenzukommen und um über die Lehren Seines Vaters zu sprechen. Im Jahr 1913 weilte Er für insgesamt 14 Tage in Deutschland, vor allem in der Region Stuttgart, Esslingen und Bad Mergentheim.
Unermüdlich setzte sich ‘Abdu’l-Bahá auf seinen Reisen in vielen Ländern der Welt für die wesentliche Einheit aller Religionen und die Einheit der Menschheit als zentrales Prinzip der Bahá’í-Lehren ein. Er forderte die Abschaffung aller Formen von Vorurteilen, ebenso wie die Notwendigkeit der Harmonie zwischen Wissenschaft und Religion. Zentrale Themen für ‘Abdu’l-Bahá waren zudem die Beseitigung der Extreme von Reichtum und Armut, Bildung für alle, die Gleichwertigkeit von Frau und Mann, die Einsetzung eines Weltgerichtshofs zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Nationen, die Schaffung eines dauerhaften und universellen Friedens als oberstes Ziel der gesamten Menschheit.
Im Jahr 1920 wurde ‘Abdu’l-Bahá in Anerkennung der von Ihm in den Kriegsjahren geleisteten humanitären Hilfe zum Ritter des Britischen Empire geschlagen. Im Folgejahr verstarb Er nach einem langen, aufopferungsvollen Leben in Haifa, Israel. Seiner Beisetzung wohnten auch hohe Staatsbeamte und Oberhäupter der verschiedenen religiösen Gemeinschaften bei. Etwa 10.000 Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft trauerten um den Verlust des „Meisters“ – wie ‘Abdu’l-Bahá respektvoll genannt wurde.